Die dunklen Machenschaften des Nicolas Sarkozy

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Bildquelle: Richard Pichet|((CC BY-SA 3.0))

Hinter Gitter muss er vorerst wahrscheinlich nicht, das Urteil gegen ihn ist trotzdem historisch: Am 1. März ist Nicolas Sarkozy von einem Pariser Gericht wegen Korruption zu einer Haftstrafe verurteilt worden – als erster Präsident der Fünften Französischen Republik. Eines der drei Jahre wird er wohl zu Hause verbringen dürfen, die anderen wurden zur Bewährung ausgesetzt. Auch für Außenstehende war die Entscheidung des Gerichts zumindest keine Überraschung. Schon lange halten sich in Frankreich Gerüchte, der ehemalige Regierungschef des Landes sei in geheime Absprachen und in Korruption verwickelt, seit Jahren tauchen immer weitere Indizien und Beweise auf, die diese These unterstützen.

Im Verhältnis zu den Vorwürfen und Prozessen, die auf Nicolas Sarkozy in den nächsten Jahren voraussichtlich zukommen werden, ist der nun verhandelte Fall fast schon winzig. 2008 verklagte die Erbin des L’Oréal Imperiums Françoise Bettencourt-Meyers einen Vertrauten ihrer Mutter an. Dieser hätte ihre Demenz ausgenutzt und sich so an ihrem Vermögen bereichert. Insgesamt hätte dieser so über eine Milliarde Euro unrechtmäßig erhalten. Um Beweise vorlegen zu können, ließ Bettencourt-Meyer einen Hausangestellten ihrer Mutter heimlich Gespräche mitzeichnen. In den Gesprächen ging es dann aber nicht nur um den Betrugsfall. Fahnder, die sich die Aufnahmen anhörten, fanden ebenfalls Beweise für Steuerhinterziehungen im großen Stil und illegale Parteispenden an Sakozys konservative UMP. Partseispenden sind in Frankreich nur bis zu einer Summe von 7.500 Euro jährlich zulässig, allein 2007 ist aber nachweislich eine sechstellige Summe von der Mutter der Erbin an die Partei gezahlt worden.

Schon damals war Sarkozy angeklagt worden: Er habe von der Spende persönlich gewusst und habe zudem die geistige und körperliche Verfassung der Superreichen ausgenutzt, um an das Geld zu kommen. Während der Affäre bat Sarkozy Gilbert Azibert, einen hohen Staatsanwalt, Informationen zu dem Fall zu übermitteln und Einfluss auf beteiligte Richter auszuüben. Im Gegenzug dazu bot er Azibert einen Top-Posten in Monaco an. Azibert willigte ein, Sarkozy wurde freigesprochen. Für diesen Fall von Korruption wurde er nun verurteilt.

Nun plant Sarkozy gegen das Urteil in Berufung zu gehen, sogar eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zieht er in Erwägung. Der gelernte Anwalt dürfte sich in den nächsten Jahren also umfassend mit Verfahren gegen ihn beschäftigen. Auch, weil der größte Prozess gegen ihn noch nicht einmal begonnen hat.

2007 trat Sarkozy erstmals bei einer Präsidentschaftswahl an, zu diesem Zeitpunkt war er Innenminister Frankreichs. Zwei Jahre zuvor hatte er den Diktator Muammar al-Gaddafi der ehemaligen französischen Kolonie Libyen besucht. Das vertrauliche Treffen fand nur unter Beiwohnung zweier Übersetzer:innen statt. Angeblich ging es bei dem Gespräch um illegale Wahlkampffinanzierung in Millionenhöhe. Einer der Übersetzer bestätigt dies, die französische Übersetzerin schweigt zu den Inhalten des Treffens. Kurze Zeit später erhielt der libysche Geschäftsmann Ziad Takieddine nach eigenen Angaben einen Koffer mit einer immensen Menge Bargeld, um diese nach Frankreich mit dem Flugzeug zu bringen. In Paris angekommen, gab er den Koffer im Innenministerium ab.

Sarkozys Vertrauter und späterer Innenminister Claude Guéant scheint der Verwalter der ingesamt rund 50 Millionen Euro gewesen zu sein. Dabei hat er sich wohl auch privat an dem Geld bereichert. Eine Luxuswohung in Paris zahlte er in bar. Ermittlern fiel zudem auf, dass er innerhalb von neun Jahren lediglich 800 Euro von seinem Konto abhob und nahezu alle Ausgaben, unabhängig von ihrer Höhe, bar zahlte. Auch von einem riesigen Tresor in einer Pariser Bank ist die Rede. Guéant behauptet aber, in diesem nur Reden Sarkozys aufbewahrt zu haben. Wahlkampforganisatoren Sarkozys berichten ebenfalls, dass Rechnungen in der Regel mit Bargeld beglichen wurden. Die Zeit stellt die schwer belegbare aber durchaus realistische These auf, nur durch die Finanzierung Gaddafis hätte Sarkozy überhaupt Präsident werden können.

Der Fall ist aus vielerlei Perspektive äußerst aufsehenerregend. Bestätigen sich die Vorwürfe, und darauf deutet derzeit alles hin, hätte ein hohes Regierungsmitglied Geld von einer ausländischen Regierung angenommen, um sich damit selbst zum Staatsoberhaupt zu machen. Das wäre Wahlmanipulation at it’s best. Die Gegenleistungen, militärischer Ehren in Paris für Gaddafi und Atomtechnologie, untergraben Frankreichs außenpolitische Interessen.

Nachdem Gaddafi im Laufe des Arabischen Frühlings auch mit Hilfe einer NATO-Mission unter französischer Beteiligung abgesetzt. Daraufhin forderte ein Sohn Gaddafis öffentlich das Geld zurück, was Libyen an Sarkozy gezahlt habe. Später tauchten libysche Dokumente auf, die die Aussagen des Kofferträgers Takieddine belegen. 50 Millionen Euro lassen sich über die Papiere verfolgen. Mehrere französische Gerichte und Gutachter bezeichneten die Dokumente als authentisch und echt, Sarkozy spricht bis heute von Fälschungen.

Ein weiteres Indiez bilden die Tagebücher von Schukri Ghanim. Ghanim war libyscher Premierminister, bis er zu den Rebellentruppen gegen Gaddafi überlief. Einige Einträge bezeugen ebenfalls Bergeldtransfers von Gaddafi zu Sarkozy. Kurz nach der Veröffentlichung der entsprechenden Seiten wurde Ghanim tot in der Donau aufgefunden. Während die österreichische Polizei von einem Unfall spricht, bezeichneten mehrere amerikanische Geheimdienste diese Einstufung intern als „höchst suspekt“. Bekannt wurde diese Haltung durch veröffentliche Mails auf Wiki-Leaks.

Im Oktober letzten Jahres wurde Sarkozy wegen der Affäre angeklagt. Der Prozess wird mit Spannung erwartet. Einige Journalisten und Experten gehen mittlerweile soweit, Sarkozy vorzuwerfen, elementare außenpolitische Strategien zu seinen persönlichen Gunsten gedreht zu haben. Schließlich war Sarkozy einer der ersten westlichen Regierungschefs, die eine militärische Intervention der NATO gegen Gaddafi forderten, sobald dessen Macht bröckelte. Wollte Sarkozy einen gefährlichen Zeugen aus dem Weg schaffen? Dann hätte er einen Krieg aus persönlichen Motiven angezettelt. In seinem Hausarrest hat er nun genug Zeit, um eine Strategie gegen diese Vorwürfe zu entwickeln.

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