Eine neue Zeit

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Dieser Artikel ist Teil der Reihe China: Aufstieg zur Weltmacht. Im ersten Beitrag beleuchten wir die wirtschaftliche Entwicklung Chinas, vom Bauernstaat zur High-Tech Nation.

Pauschalurlaub mit dem Jumbojet, globale Kommunikation in Sekundenbruchteilen und Maschinen, die zu einem gewissen Grad selbstständig denken können: In den letzten 70 Jahren hat sich die Kultur der Menschheit entscheidend weiterentwickelt. Eines hat sich jedoch nicht verändert: Die USA sind seit dem Zweiten Weltkrieg die mächtigste Nation dieses Planetens – wirtschaftlich wie militärisch. Spätestens seit dem Untergang der Sowjetunion gilt das amerikanische Wirtschaftssystem, der globalisierte Kapitalismus, für die gesamte Erde. Nahezu alle Länder erkennen es an, kein einziges Land kann sich ihm entziehen. Selbst ein vermeintlich sozialistischer Staat wie Nordkorea arbeitet im Ausland mit kapitalistischen Unternehmungen, um an Devisen für das mit internationalen Sanktionen belegte Atomprogramm zu gelangen.

Angekratzt

Mittlerweile wirkt die Vormachstellung der USA deutlich weniger sicher, als die ihres Wirtschaftssystems. Das liegt zum Teil an den USA selbst. Präsident Trump hat durch seinen instabilen Führungsstil das Vetrauen von Verbündeten schwer verletzt. So sagte Bundeskanzlerin Merkel in einer Wahlkampfrede in einem CSU-Bierzelt kurz nach dem G7-Gipfel 2017: „Die Zeiten, in denen wir uns auf andere völlig verlassen konnten, die sind ein Stück vorbei. Das habe ich in den letzten Tagen erlebt. Und deshalb kann ich nur sagen: Wir Europäer müssen unser Schicksal wirklich in unsere eigene Hand nehmen.“ Diese Worte sind gerade für Merkel-Verhältnisse mehr als deutlich. Zudem gelang es Trump vor und während seiner Präsidentschaft eine neue Welle des Protektionismus hervorzurufen. Konservative und rechte Politiker riegelten Stück für Stück den Import für bestimmte Produkte ab, Gegenreaktionen folgten prompt.

Der vielleicht aber wichtigere Faktor für die sich anbahnende Verdrägung der USA von der Poleposition der Nationen ist der Aufstieg Chinas. Die sogenannte Volksrepublik nutzt derzeit eine entscheidene Chance: Die digitale Revolution.

Vom Bauernstaat zur High-Tech Nation

Das China, wie wir es heute kennen, ist äußerst jung, auch wenn die chinesische Kultur eine der ältesten überhaupt ist. Jahrtausendelang herrschten Kaiser über das Reich der Mitte, die sich gezielt abschotteten. Es herrschte schlicht kein Bedarf nach internationalem Austausch. Wirtschaftlich ging es dem Reich zwar zunächst gut, aber über die Jahrhunderte verschlief China so die industrielle Revolution. Während in Europa die ersten Eisenbahnen fuhren, sollte in China noch lange Nutzvieh das Transportwesen zeichnen. Während in Europa mit den Arbeitern stückweise eine neue Mittelschicht enstand, blieb in China der absolute Großteil der Menschen Bauern.

Erst mit dem Ende des Kaiserreiches 1911 nach den Opium-Kriegen gegen Großbritannien und innenpolitischen Machtkämpfen änderte sich die Stimmung langsam. Als das Japanische Reich große Teile Chinas im Zweiten Weltkrieg besetzte, sah sich die junge Republik plötzlich einem verhältnismäßig hochtechnologisierten Feind gegenüber, gegen den es keinesfalls mithalten konnte.

Nach Ende des Krieges wurde China kommunistisch, ein Verbündeter der Sowjetunion. Diese war zwar daran interesiert, China aufzurüsten, denn in Asien wurden entscheidende Stellvertreterkriege der Blockmächte geführt, eine globale wirtschaftliche Öffnung war entsprechend aber ausgeschlossen. Staatsführer Mao versuchte sich zwar an umfassenden Reformen, löste dadurch aber auch eine Hungersnot aus, die bis zu 45 Milionen Menschen das Leben kostete.

Erst nach dem Tod Maos 1976 trauten sich Funktionäre, das Land wirtschaftlich teilzuöffnen. Ausländische Investoren wurden zugelassen und Sonderwirtschaftszonen eingerichtet, die außerhalb der kommunistischen Planwirtschaft arbeiteten. Diese entwickelten sich über die Jahre zu enormen Wachstumsmotoren der chinesischen Wirtschaft. Ab 1988 wurden dann schließlich immer mehr Staatsbetriebe privatisiert, mit dem Ende der Sowjetunion nahezu vollständig auf eine sogenannte sozialistische Marktwirtschaft umgestellt. Bis heute hat die chinesiche Regierung großen Einfluss auf die Unternehmen in ihrem Land. Unliebsame oder kritische Firmeninhaber werden aus dem Weg geschafft, so wie kürzlich Jack Ma, CEO des chinesischen Internetriesen Alibaba.

Alibaba steht dabei exemplarisch für die chinesische Wirtschaft im 21. Jahrhundert. Die Alibaba Group erwirtschaftete 2020 einen Umsatz von rund 72 Milliarden US-Dollar, das entspricht in etwa den Werten von Facebook. Hauptmarken sind die namensgebende Plattform Alibaba.com, auf der Produkte in größeren Mengen zwischen Firmenkunden gehandelt werden, die Endnutzerplattform aliExpress und der ebay-Klon Taobao. Die Unternehmensgruppe ist international erfolgreich und wird mittlerweile als direkter Konkurrent zu Amazon angesehen. Die Staatsführung in Peking hätte also allen Grund, sie zu unterstützen. Doch Gründer Jack Ma äußerte sich in letzter Zeit auch auf ofiziellen Veranstaltungen kritisch gegenüber der zentralen Wirtschafts- und Finanzverwaltung des Landes. Daraufhin stoppte die Regierung den geplanten Mega-Börsengang von Alibaba und Ma verschwand für einige Wochen spurlos. Nachdem der Fall internationale Aufmerksamkeit erhielt, tauchte Ma wieder auf, äußerte sich aber nicht mehr in der Öffentlichkeit.

Neben Alibaba haben es auch andere Unternehmen aus der IT-Branche an die Spitze der chinesischen WIrtschaft geschafft. Konzerne wie Huawei, der nicht nur moderne Smartphones, sondern auch wichtige Funktechnik, wie beispielsweise 5G-Module entwickelt und produziert, sind zum Aushängeschild des Landes geworden. Die industrielle Revolution hat China verschlafen, bei der digitalen Revolution wacht sie zuerst auf. Die USA stoßen zunehmend auf das Problem, entscheidene Technologien, wie 5G-Module von Huawei, aus China importieren zu müssen.

Mit der Wirtschaftsleistung steigt auch der Wohlstand. Ähnlich wie in der industriellen Revolution in Europa ensteht derzeit in China eine neue Mittelschicht. Ihr Konsum treibt die Mühlen des Landes weiter an. Während vor wenigen Jahren technische Produkte noch vor allem für den Westen produziert werden, gelangt heute ein Großteil der High-Tech Ware direkt auf den chinesischen Binnenmarkt. Das sorgt für eine hohe Technologisierung der Bevölkerung – eine Tatsache, die China vor allem auch militärisch zu Gute kommt.

China hat erkannt, dass konventionelle Kriegsführung heute und in Zukunft eine immer kleinere Rolle spielen wird. Wenn einem Land aus der Ferne der Strom abgeschlatet werden kann, muss man es nicht bombardieren. Darum geht es dann im nächsten Teil der Reihe China: Aufstieg zur Weltmacht.

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