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Wie unsere Zukunft verspielt wird – mit diesem Beitrag beginnt am 1.1.2020 die Geschichte von Spotlight. In 936 Worten skizziert Franzi darin den Grundkonflikt der modernen Klimabewegung: Der aus dem System hervorgegangenen Politik gelingt es nicht ausreichend, sich gegen das eigene System aufzulehnen, um den Klimawandel rechtzeitig einzudämmen. Wird Umweltpolitik immer bis zum Verbraucher durchgeschoben, entsteht statt Klimaschutz soziale Ungerechtigkeit. Es war der erste von nun 100 Artikeln, die auf Spotlight veröffentlicht wurden. Schauen wir zurück, was sich den letzten 100 Beiträgen in der Welt und auf unserem Blog passiert ist.

Dass der Klimwandel zum entscheidenen Politikum des Jahrzehnts – und sollten wir bis dahin kommen auch des Jahrhunderts – werden würde, stand vor etwa eineinhalb Jahren schon fest. Unvorhersehbar war zu diesem Zeitpunkt jedoch, dass in den Jahren 2020 und 2021 zunächst ein anderes Thema unser Leben beherrschen würde: Das Corona-Virus.

Das Wort „Corona“ taucht auf Spotlight erstmals am 25. März 2020 auf. Bis dahin hatten sich in Deutschland insgesamt etwa 23.000 Menschen mit dem Virus infiziert, eine Zahl, die im Verlauf der Pandemie teils an einem einzigen Tag erreicht wurde. China meldete an diesem Tag 45 Neuinfektionen. Dennoch war schon damals klar, so leicht werden wir nicht davon kommen. Im europäischen Süden, insbesondere in Italien stiegen die Fallzahlen schon im Frühjahr 2020 rasant. Die italienische Regierung fuhr nahezu die gesamte Wirtschaft herunter, Ausgangssperren wurden diskutiert und die Wissenschaft setzte immer mehr Energie in die Erforschung eines Corona-Impfstoffs.

Bei meinen Recherchen zu einem Beitrag über die möglichen Auswirkungen des Virus auf Deutschland stieß ich auf Drucksache 17/12051 des Deutschen Bundestags. In dieser Modellrechnung des heute jedem bekannten Robert-Koch-Instituts wird bereits im Jahr 2013 prognostiziert, was bei einem globalen Corona-Ausbruch für Maßnahmen ergriffen werden müssen und wie sich die Fallzahlen entwickeln. „Corona“ steht dabei selbstverständlich nicht für Sars-CoV-2, sondern allgemein für einen Virus der Coronafamilie. Im Artikel Corona: was jetzt? fasse ich die Berechnung zusammen. Laut ihr wird sich das Virus in drei Wellen verbreiten, die jeweils etwas schwächer ausfallen, als die vorherige. Bedenkt man, dass die erste Welle des Coronavirus mutmaßlich aufgrund der geringen Testkapazität zur damaligen Zeit auf dem Papier deutlich kleiner wirkt als ihr tatsächlicher Effekt, könnte man diese Prognose als zutreffend bezeichnen. Grundätzlich dürften die Berechnungen des RKI äußerst hilfreich bei der Bekämpfung der Pandemie gewesen sein, insbesondere in der Anfangsphase. Dank ihr konnte die Bundesregierung in etwa einschätzen, in welche Richtung sich die Krise bewegt. Wie sehr sie sich dabei an den Empfehlungen des RKI orientiert hat, zeigen auch die getroffenen Maßnahmen: 42 Tage nach dem ersten Coronafall in Deutschland werden größere Veranstaltungen verboten, 10 Tage danach die ersten Kontakbeschränkungen verhängt. Das RKI empfahl diese Maßnahmen nach 48 Tagen. Alle Vorraussagen des Instituts trafen jedoch nicht zu, vermutlich auch, weil das Virus im Modell deutlich aggresiver und tödlicher war, als Sars-CoV-2. So musste nicht der überwiegende Anteil der Patienten in Notlazaretten behandelt werden und auch die Lebensmittelversorgung brach in Deutschland nicht zusammen. Und sogar ein Impfstoff wurde etwa ein halbes Jahr schneller entdeckt, als vom RKI erwartet.

Insgesamt sind auf Spotlight mittlerweile 17 Beiträge unter dem Schlagwort „corona“ gelistet. Unser Schlagwortsystem sorgt dafür, dass unter Beiträgen verwandte Artikel vorgeschlagen werden. Ihre Vielfalt zeigt die Komplexität dieser Pandemie. In unserem Blog diskutierten wir über Grundrechtseingriffe, kritisierten das kaputtgesparte Gesundheitssystem, berichteten über Arbeitsbedingungen in Fleischverarbeitungsbetrieben, erklärten mRNA-Impfstoffen, sprachen über eine Aufhebung des Impfstoffpatentschutzes oder untersuchten die ethischen Grundsätze, die Politikern bei Entscheidungsfindungen während der Pandemie zugrunde lagen. Auch skandalöse Maskendeals von Unionspolitikern wurden von uns genauso beleuchtet, wie die Frage, ob Kinder selbst über eine Corona-Schutzimpfung entscheiden sollen dürfen.

Diese innerthematische Bandbreite wurde uns vor allem Dank unserer personellen Neuzugänge möglich. Nachdem Franzi und ich ein Jahr lang alleine für Spotlight schrieben, bauten wir Anfang 2021 nicht nur unser Design und unsere Instagramseite neu auf, sondern gründeten auch eine starke Redaktion. Mittlerweile gehören Gesche, Luise, Susan, Lotta, Celina, Basti, Joshua und Jonas fest zum Spotlight-Team dazu.

Das ermöglicht es uns nicht nur, nun zwei Mal in der Woche veröffentlichen zu können, sondern diversifiziert auch unsere fachlichen Kompetenzen. Beispielsweise ist unsere Redakteurin Luise nebenbei Mitarbeiterin einer NGO, die sich auf Bildung und Entwicklungshilfe in Namibia spezialisiert hat. Auch sie war schon in dem Süd-Westafrikanischen Land und hat auf Spotlight unter anderem einen Kommentar über White Saviorism oder einen Beitrag über Kolonialdenkmäler in Deutschland geschrieben. Basti hingegen ist als Bankkaufmann und angehender Psychologe zu unserem Wirtschaftsexperten geworden und hat den Bitcoin auf seine Umweltverträglichkeit geprüft und dazu ein Interview mit einem Blogger und Cryptoexperten geführt.

Häufig weichen wir aber auch vom politischen Tagesgeschäft ab und erläutern Themen aus der Wissenschaft. Da gleich mehrere unserer Redakteure Psychologie studieren, ist dieser Themenbereich besonders stark vertreten. Franzi schrieb zum Beispiel über den psychologischen Vorteil, den Männer bei Gehaltsverhandlungen in der Regel gegenüber Frauen haben und Gastautorin Lina führte ein Interview mit Dr. Clemens Wülfing zu Psychoneuroendokrinoimmunologie, der Wissenschaft, die sich mit der Verbindung von Psyche und biologischen Vorgängen im Körper befasst.

Abseits der Psychologie habe ich über den (Nicht-)Wandel der politischen Kommunikation der letzten Jahrtausende geschrieben und gemeinsam mit Franzi ein Interview mit Prof. Dr. Hannes Federrath und Prof. Dr. Mathias Fischer zur Cybersicherheit kritischer Infrastruktur und zur neuen Datenschutzgrundverordnung in der EU geführt.

Wie sehr der ehemalige US-Präsident Trump in den letzten eineinhalb Jahren die Medien beschäftigt hat, lässt sich auch in unserem Blog erkennen. In 17 Prozent unserer Beiträge fällt zumindest sein Name. In einigen Fällen am Rande, wenn wir zum Beispiel über den illegalen Goldabbau in Brasilien berichteten und dabei einen kurzen Vergleich zwischen Trump und Brasiliens Präsident Bolsonaro zogen, aber in vielen Artikeln und Kommentaren war Trump eindeutig die Hauptfigur. So zum Beispiel als Trump nach dem Tod von Supreme Court Richterin Ruth Bader Ginsburg ihren Sitz mit der erzkonservativen und rechten Amy Coney Barrett nachbesetzte.

Wir bei Spotlight glauben nicht, dass wir die beste Adresse für aktuelle News oder Schlagzeilen sind, auch Eilmeldungen dürft ihr von uns nicht erwarten. Unser Anspruch ist es, komplexe Themen so zu erklären, dass sie plötzlich spannend werden und trotzdem verständlich sind. Die Zeit seit unserem ersten Artikel am 1.1.2020 darf getrost als stürmisch bezeichnet werden: der Wahlkampf in den USA 2020, die globale Coronapandemie, der Aufstieg der Verschwörungstheoretiker oder der Anschlag auf Alexej Nawalny. Doch wir glauben auch, dass es durchaus Anlass zu Hoffnung gibt. Der Klimawandel ist zwar die größte Bedrohung, der die Menschheit je ausgesetzt war, doch insbesondere junge Initiativen zeigen, dass politischer Aktivismus derzeit eine Renaissance erlebt. Franzi sprach beispielweise in einem ausführlichen Gespräch mit zwei jungen Parteigründern. Und auch abseits der Politik wird ein nachhaltiger Lebensstil zumindest möglicher. So testete Gesche für uns in einer Reportage die Beschaffung von eigentlich entsorgten, aber verzehrbaren Lebensmitteln.

An dieser Stelle möchte ich mich im Namen der ganzen Redaktion ganz herzlich bei Euch bedanken. Gerade in den letzten Monaten haben unser Instagram-Account und unsere Website einen regelrechten Sprung erfahren. Wir freuen uns sehr über das Interesse und arbeiten motiviert daran, Euch auch weiterhin mit spannenden und verständlichen Artikeln, Kommentaren, Interviews, Reportagen und Portraits zu versorgen. 100 Beiträge sind für uns ein Meilenstein, aber der Weg ist noch lange nicht vorbei!

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