Die Ausreise verwehrt, die Hilfe verweigert – trans Frauen in der Ukraine

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Seit über einem Monat blickt die Welt gebannt auf die Ukraine. Seit Putins Angriff sind bisher mehr als 250.000 Ukraine-Kriegsgeflüchtete allein in Deutschland registriert, Stand: 26.03. Fest steht: Nach wie vor befinden sich viele Menschen auf der Flucht und es wird noch viele weitere geben. Doch trotz des Kriegszustands wird einigen marginalisierte Gruppen die Flucht erschwert oder gar verweigert. Neben europa- und deutschlandweiter Diskriminierung von POC Geflüchteten erleiden insbesondere auch trans Frauen existenzielle Diskriminierung.

Trans Personen in der Ukraine erleben ähnliche Hürden wie in Deutschland, ihr Geschlecht auf dem Ausweis ändern zu lassen. Nur um die Chance auf eine Änderung zu erhalten, müssen sich Trans-Personen als psychisch krank einstufen lassen, um (wie in Deutschland) die für den Antrag zwingend notwendigen Begutachtungen durch eine:n Psycholog:i:e:n machen zu können. Bis 2015 waren noch operative „genitale Angleichungen“ nötig, um den Prozess überhaupt starten zu können, erklärt die Journalistin Julia Monro der FR in einem Interview.

Das Problem: In der Ukraine kann jede im Pass als Mann vermerkte Person zwischen 18 und 60 Jahren für den Krieg eingezogen werden. Personen, ungeachtet ihres Geschlechts, die in ihrem Ausweis als Mann vermerkt sind, wird die Ausreise verweigert.

Nicht nur sind psychologische „Gutachen“ für eine Angleichung im Pass nötig, auch können die behördlichen Prozesse zwischen Monaten oder Jahren variieren. Ob eine Person nun schon Jahre als Frau oder Nicht-Binär lebt, spielt bei der Ausreise an den Grenzen keine Rolle.

Auch ein Blick in die Nachbarländer bringt keine Hoffnung. In Ungarn haben trans Personen seit Kurzem gar nicht mehr die Möglichkeit, ihr Geschlecht im Pass anzugleichen. Polen ist nun seit 3 Jahren zunehmend LGBTQIA+ „freie Zone“. Vorreiter war dabei 2019 der Kreistag, der Świdnik als „LGBT-Ideologie frei“ deklarierte. Alle von der PiS-Partei regierten Städte und Magistrate folgten, schreibt der MDR in einem Beitrag auf seiner Website.

Zi Faámelu, eine 31 jährige Musikerin aus Kiew, beschreibt die momentane Situation für trans Frauen in der Ukraine als Krieg innerhalb eines Krieges. Sie selbst konnte erst kürzlich eine Änderung in ihrem Ausweis vornehmen. Um den Ausweis anzugleichen, so berichtet sie Vice in einem Interview, musste sie allerdings mehrere Monate in psychiatrischen Einrichtungen verbringen. Deshalb starteten viele trans Personen den Prozess erst gar nicht, schildert sie. Auch schon vor Beginn des Krieges war das Leben von trans Personen ständig gefährdet. Faámelu berichtet von körperlicher Gewalt und Mord.

Trans Frauen sind im eigenen Land gar nicht erst akzeptiert, aber gezwungen zu bleiben, während alles um sie herum zu Trümmern zerfällt. Hilfe von den Nachbarländern können sie nicht erwarten. So sieht das Leben von vielen trans Personen in der Ukraine aus. Auf europaweite Solidariät und Zusammenarbeit können wir wahrscheinlich nicht mehr als hoffen, wenn wir auf unsere eigenen Transsexuellen-Gesetze in blicken, die denen der Ukraine gefährlich ähneln.

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