Prepping – wichtige Vorsorge oder bloß Panikmache?

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Ein Tornado in Paderborn, die Flut im Rheinland, Krieg in Europa und der allgegenwärtig herannahende Klimawandel – allein während dieses noch jungen Jahrzehnts wird das globale und auch unser in Deutschland regionales Umfeld von Krisen und Katastrophen heimgesucht. Bei vielen steigt da die Sorge vor allem, was noch kommen mag.

Was tun, wenn für ein paar Tage der Strom ausfällt? Oder kein Frischwasser mehr aus dem Hahn kommt? Diese Fragen mögen für den ein oder die andere neu und realitätsfern sein, sog. Prepper:innen stellen sie sich aber schon seit Jahren und richten in extremen Fällen sogar ihren Alltag danach aus.

Ist das übertrieben?

Um das Prepping ranken Klischees. Zum Beispiel das des Apokalypsen-beschwörenden rechten Horters mit Verfolgungswahn, der in einem Bunker neben Konserven vor allem auch Waffen stapelt. Um auf einen Überlebenskampf nach dem Weltuntergang vorbereitet zu sein. In der öffentlichen Darstellung hängen Prepping und Rechtsextremismus nämlich oft zusammen.

Der Landtag Sachsen-Anhalt veröffentlichte im Juni 2020 Rechercheergebnisse der „tageszeitung“, die die Existenz eines rechtsextremen Prepping-Netzwerks aufdeckten, das sich auf einen „Tag X“ vorbereitete. Es soll Verbindungen zur AfD-Landtagsfraktion sowie zur Bundeswehr, zur NPD und zu einer rechtextremen Leipziger Burschenschaft gegeben haben.

Eine Definition des Landtags Sachsen-Anhalt: „Prepper sind Personen, die sich durch verschiedene Maßnahmen auf jedwede Art von „Katastrophe“ vorbereiten: durch die Errichtung von Schutzbauten und das Horten von Lebensmitteln, Schutzkleidung, Werkzeug, Funkgeräten und Waffen. Rechtsextreme Prepper bereiten sich so auf einen von ihnen gewünschten politischen Umsturz vor – um am Tag X einsatzbereit zu sein.“

2017 erfuhr die Öffentlichkeit von einem weiteren rechtsextremen Prepping-Netzwerk, der „Gruppe Nordkreiz“. Diesmal in Mecklenburg-Vorpommern. Es sollen sich u.a. Polizist:innen, Behördenmitarbeiter:innen und Soldat:innen vernetzt haben. Trotz strafrechtlicher Erittlungen existiert die Gruppe bis heute. An den Klischees ist also was dran.

Und trotzdem: Sich auf einen möglichen Ernstfall vorzubereiten ist erstmal nichts Schlechtes. Sogar die Bundesregierung rät dazu. Und gibt Tipps, wie eine solche Vorbereitung aussehen kann, fernab von den rechten Prepping-Vorurteilen.

Zunächst sollten wir uns klarmachen: Hier in Deutschland sind wir grundsätzlich gut auf Katastrophen vorbereitet. Rettungsdienste, Polizei und Feuerwehr stehen uns Tag und Nacht zu Verfügung. Zudem existieren Katastrophenschutzorganisationen des Technischen Hilfswerks und weitere Hilfskräfte für ausgeweitete Notfälle (Bundespolizei und Bundeswehr). Sich auf das zu besinnen, was wir eigentlich schon wissen, kann helfen, Panik abzuwehren. Einen Überlebenskampf ganz allein gegen die Naturgewalten können wir hier in Deutschland mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließen.

Doch kommt man nicht umhin zu erwähnen, dass dies ein Privileg und nicht überall auf der Welt selbstverständlich ist. Sowie die Tatsache, dass auch dieses privilegierte System an seine Grenzen kommt. So gibt es einige Szenarien, in denen sich eine Vorbereitung auszahlen kann. Hochwasser, das Straßen unpassierbar macht, starker Schneefall, der die Versorgung der Geschäfte verhindert, oder Lawinen, die Regionen von der Außenwelt abschneiden. Wie wahrscheinlich diese Katastrophenfälle sind, unterscheidet sich natürlich von Ort zu Ort. Dies sollte in die Vorbereitung einbezogen werden. 

Grundsätzlich empfiehlt es die Bundesregierung, sich einen Vorrat an Getränken und Lebensmitteln für zehn Tage zuzulegen. Pro Woche sind ca. 14 Liter Flüssigkeit pro Person zu berechnen. Die Vorräte sollten auch bei warmen Temperaturen haltbar bleiben. 

Klingt jetzt erstmal nach ziemlich viel Aufwand. Das kann man sich aber einfacher machen, indem nicht alles sofort gekauft, sondern langsam in die bereits bestehende Vorratshaltung integriert wird. Also: Beim nächsten Wocheneinkauf eine Packung Nudeln mehr kaufen als sonst. Und beim übernächsten einen zusätzlichen Kasten Wasser. So sammelt sich mit der Zeit ein immer größerer Vorrat an Lebensmitteln, ohne das großartig zusätzlicher Aufwand betrieben werden muss. 

Außerdem wichtig: Den Notfallvorrat aktiv nutzen und Ablaufdaten im Blick behalten.  Neues gehört im Regal nach hinten. Mit ein bisschen Übung (und Platz) kann so ein wirksames System entstehen, in dem die Vorräte in den Alltag integriert werden, nichts schlecht wird und im Ernstfall genug für alle da ist.

Zu Vorratshaltung gehören allerdings nicht nur Lebensmittel und Getränke, sondern auch Hygieneartikel (z.B. Seife, Zahnpasta, Toilettenpapier und Tampons) und eine kleine Hausapotheke. Dort hinein kommen u.a. Pflaster und Verbandsmaterial, schmerz- und fiebersenkende Mittel, ein Fieberthermometer, Desinfektionsmittel, eine Splitterpinzette, … die Liste ist lang. Auch hier kann es helfen, nicht alles auf einmal zu besorgen, sondern immer mal wieder etwas auf den Einkaufszettel zu setzen.

Aber: Vorratshaltung ist etwas anderes als Hamstern. Ganz wichtig.

Hilfreich sind außerdem Kerzen und Taschenlampen sowie Gadgets wie ein Campingkocher oder mobile Akkus. Die Bundesregierung gibt außerdem Tipps zum Packen eines Notfallrucksacks, falls es nicht möglich ist, zu Hause zu bleiben. Um hier und bei der Vorratshaltung zu Hause nicht den Überblick zu verlieren, existieren Ratgeber und vorgefertigte Checklisten. Die oben genannten und viele weitere Informationen gibt es hier: Ratgeber für Notfallvorsorge und richtiges Handeln in Notsituationen des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe. 

Der kann recht erschlagend wirken. Ihn sich einmal durchzulesen und sich über seine Inhalte bewusst zu werden, kann aber mit Sicherheit nicht schaden. Die genannten Szenarien scheinen wenig realistisch, doch ist ebendies das Problem an Katastrophen. Viele von ihnen wären kaum so katastrophal, würden sie für wahrscheinlich gehalten. Und dass Dinge fehlen, fällt oft eben erst auf, wenn sie gebraucht werden. Es lohnt sich, im Vorhinein zumindest darüber nachzudenken.

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