Zwischen Lichterketten und Glühweinfässern

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In meinen Augen gehört die Adventszeit zur schönsten Zeit des Jahres. Ich liebe es, über die zahlreichen Weihnachtsmärkte Berlins, Münsters und Hamburgs zu schlendern, Glühwein zu trinken, die Lichterketten zu bewundern und gemeinsam mit meinen Freund:innen eine schöne Zeit zu verbringen. Weihnachtsmärkte gehören für mich einfach zur Weihnachtszeit dazu. Heute finden wir Weihnachtsmärkte, Glühwälder und Winterwonderlands in jeder (Klein-)Stadt, auch außerhalb Deutschlands. Doch das war nicht immer so. Sonst wäre die Weihnachtsgeschichte in der Bibel wohl etwas anders abgelaufen.

Bis heute streiten sich die Menschen darüber, welcher Markt denn nun der erste Weihnachtsmarkt in Deutschland war. Der erste urkundlich erwähnte Weihnachtsmarkt fand 1434 in Dresden statt und hieß damals noch „Strietzelmarkt“. Den Weihnachtsmarkt in Bautzen soll es allerdings schon seit 1384 geben, belegen lässt sich dies aber nicht. Trotzdem können wir sagen, die Weihnachtsmarkttradition in Deutschland ist etwa 600 Jahre alt. Im Mittelalter sahen die Märkte allerdings bei weitem nicht so weihnachtlich aus, wie wir sie heute kennen. Damals galten die Märkte als Gelegenheit, sich für den anstehenden Winter mit allen wichtigen Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen einzudecken. Dazu erhielten auch Handwerker:innen und Künstler:innen das Recht, Ihre Waren auf dem Markt zu verkaufen. Glühwein gab es wahrscheinlich nocht nicht, dieser geht zwar auf die Antike zurück, den Glühwein wie wir ihn heute kennen gibt es jedoch erst seit 1956. Dafür wird es auf den mittelalterlichen Weihnachtsmräkten ausreichend Kuchenbäcker:innen und Musikant:innen gegeben haben.

Zwischen dem 17. und 18 Jahrhundert wandelt sich der Weihnachtsmarkt von einer religiösen zu einer bürgerlichen Tradition. Der Markt bietet jetzt einen Ort des Zusammenseins für die gutbürgerlichen Familien Deutschlands. Deswegen wird nun auch mehr Spielzeug verkauft, ebenso wie Speisen und Getränke. Aus dieser Zeit stammt auch die Tradition der Krippen. Noch heute kann man auf unseren Weihnachtsmärkten handgearbeitete Krippenfiguren kaufen. Mit dem Aufkommen der Kaufhäuser im 19. Jahrhundert muss sich der Weihnachtsmarkt auf einmal grundlegend wandeln. Es lohnt sich nicht mehr, Spielzeug auf den Märkten zu verkaufen, da diese in den neuen Kaufhäusern günstiger zu haben sind. Von nun an heißt es: Tannenbaum und Lichterschmuck, Vergnügungen wie Karussels, traditionelle Hütten und Zuckerwatte.

In Deutschland finden heute jährlich mehr als 2.500 Weihnachtsmärkte statt. Im Trend sind besonders traditionell anmutende Hütten, Rindenmulch auf den Wegen und natürlich der Glühwein. Der Glühweinpreisindex von 2022 zeigt: Wer auf dem Weihnachtsmarkt mehr als einen Glühwein trinken will muss tiefer in die Tasche greifen. Um bis zu 60% sind die Preise für Glühwein im Jahr 2022 im Vergleich zu 2021 bzw. 2019 gestiegen. Gerechtfertigt werden die immer stärker steigenden Preise mit dem erhöhten Energiekosten, dem neuen Mindestlohn und der Inflation. Doch der Glühweinpreis ist nur einer der Gründe, warum Weihnachtsmärkte immer häufiger in der Kritik stehen.

Die religiöser Gemeinde stört sich stark an dem Trend, dass Weihnachtsmärkte immer früher eröffnen. Zwar dürfen sich die Märkte dann nicht offiziell „Weihnachtsmarkt“ nennen und müssen auf Namen wie „Glühwald“ oder „Wintermarkt“ zurückgreifen, doch die Zeit zwischen dem Volkstrauertag und dem Totensonntag soll laut der Kirche zur Besinnung genutzt werden. Dass die Weihnachtszeit vorgezogen werde, überspiele das ernste Thema des Totensonntags und nehme der tatsächlichen Adventszeit ihre Bedeutung. Verkürzte Adventszeit hin oder her.

Weihnachtsmarkt in Münster

Es ist das Top-Argument der Weihnachtsmarkt-Veranstalter:innen: Im Jahr 2023 fällt der vierte Advent auf den heiligen Abend. Damit bleiben für das Weihnachtsgeschäft effektiv nur drei Wochenenden statt vier. Und da sind wir auch schon beim Hauptkritikpunkt: Sind Weihnachtsmärkte heute einfach nur noch Kommerz?

Glühwein für 5€, Bratwurst für 8€, Gedrängel und Geschiebe und alkoholisierte Besucher:innen. Ich kann verstehen, warum manche Menschen Weihnachtsmärkte lieber meiden. Wenn sie dann noch zwischen Hochhäusern und Autobahnkreuzen liegen, dann kann man wahrlich nicht mehr von Weihnachtsstimmung sprechen. Es geht ums Gewinn machen, das ist allen klar. Wer einen Glühweinstand auf einem großen Weihnachtsmarkt besitzt, kann von dem Gewinn eines Monats durchaus ein ganzes Jahr lang leben. Deutsche Weihnachtsmärkte sind ein Milliardengeschäft. Wer das nicht glaubt: Ein Stand, bringt durchschnittlich 50.000€ Umsatz. Auf die 2500 Weihnachtsmärkte gerechnet sind das 3 bis 5 Milliarden Euro Umsatz. Zum Verlgeich: Denn’s Biomarkt erwirtschaftete im Jahr 2021 nur etwa 700 Millionen Euro Umsatz. Für die 160 Millionen Besucher:innen schuften etwa 188.000 Beschäftigte auf den Weihnachtsmärkten, oft zu geringen Löhnen und schlechten Konditionen. Hinzu kommt Unmengen an Plastik- und Papiermüll, sowie ein hoher Stromverbrauch, nicht nur durch Lichterketten, sondern auch durch Schlittschuhbahnen.

Auch die GEMA möchte eine Stück des Weihnachtsmarkt-Kuchens abhaben. Immer wieder wurden in den letzten Jahren die Gebühren kräftig erhöht. Dafür hagelt es Kritik. Übergewinne mit „Oh du fröhliche“? Die GEMA erklärt, die Gebühren berechnen sich anhand der Marktfläche und nicht anhand der Besucher:innen. Wenn sich die Weihnachtsmärkte also Jahr für Jahre weiter über die Innenstadtflächen ausbreiten, dann müssten sie auch dafür zahlen.

Dann also vielleicht doch lieber zuhause mit Freund:innen und Familie singen. Bei selbstgebackenen Plätzchen und Glühwein, der den Herd verklebt. Ist eh viel wärmer, als draußen in der Kälte zu stehen. Und irgendwie auch ein bisschen besinnlicher.

Weihnachtsmarkt in Berlin

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